In 3 Schritten zu einem erfolgreichen

„Schwarztest“ im Krankenhaus

Alle Krankenhäuser in Deutschland sind definitionsgemäß Kritische Infrastrukturen. An diese werden hohe Anforderungen bezüglich ihrer Durchhaltefähigkeit nach Eintritt von Sonderlagen wie beispielsweise eines Stromausfalls gestellt.

Im Fokus stehen in diesem Zusammenhang die zulässige Unterbrechungszeit und die Versorgungsdauer. Die Norm VDE 0100-710 /R39/ gibt Auskunft über die zulässige Unterbrechungszeit von 15 Sekunden, in der das Notstromdieselaggregat die Versorgung der Notstromverbraucher (Sicherheitsstromversorgung – SV) übernehmen muss. Eine Ausnahme stellen besondere Notstromverbraucher dar, die eine maximale Unterbrechungszeit von 0,5 Sekunden nicht überschreiten dürfen. Eine derartig kurze Unterbrechungszeit ist durch den Einsatz von Unterbrechungsfreien Stromversorgungsanlagen (USV-Anlagen) zu erreichen. Alle übrigen allgemeinen Stromverbraucher (AV) werden während eines Stromausfalls nicht versorgt.

Der Anwender kann anhand an der Farbe der Steckdose erkennen, mit welcher Unterbrechungszeit gerechnet werden kann. Weiße Steckdosen sind im Falle eines Stromausfalls nicht versorgt. Grüne Steckdosen besitzen eine Unterbrechungszeit von 15 Sekunden, während orangene Steckdosen eine Unterbrechungszeit von 0,5 Sekunden aufweisen. Eine Beschriftung der weißen Steckdosen mit „SV“ oder „USV“ ist nicht ratsam, da diese Bezeichnungen durch die Reinigung oft abgerieben werden.

Die Versorgungsdauer gibt Auskunft über die Durchhaltefähigkeit hinsichtlich der Notstromversorgung eines Krankenhauses. In der Regel beträgt diese 24 Stunden und ist maßgeblich von der Größe des Kraftstofftankes abhängig. Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage und der wachsenden Gefahr durch hybride Angriffe, insbesondere auf Kritische Infrastrukturen, ist es ratsam, eine Versorgungsdauer von 72 Stunden sicherzustellen.

1. Schritt - Vorbereitung

Bevor ein „Schwarztest“, also eine kontrollierte Stromabschaltung in einem Krankenhaus, durchgeführt werden kann, ist eine strukturierte Bestandsaufnahme der Notstromverbraucher erforderlich. Die Verantwortlichen der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung (KAEP) sind dafür zuständig, gemeinsam mit den Technik-, Medizintechnik- und IT-Mitarbeitenden entsprechende Begehungen durchzuführen und ein Protokoll zu erstellen. Zudem können für die Bestandsaufnahme vorhandene Pläne aus der Technik und der IT herangezogen werden. In diesem Zusammenhang ist es ebenso von entscheidender Bedeutung, welche Medizinprodukte wie beispielsweise ein Inkubator, eine Spritzenpumpe oder ein Überwachungsmonitor einen Akku besitzen, um Unterbrechungszeiten zu überbrücken. Nachdem das gesamte Krankenhaus besichtigt wurde, erfolgt die Überführung der Ergebnisse in eine Übersicht. Die Übersicht sollte Informationen über die Unterbrechungszeit einzelner Geräte, Anlagen oder ganzer Bereiche enthalten. Auch sollte in der Übersicht angegeben sein, ob zusätzliche USV-Anlagen installiert wurden, wie beispielsweise üblich bei radiologischen Geräten oder bei Netzwerk- und Serverschränken. Je nach Größe des Krankenhauses können mehrere Notstromdieselaggregate vorhanden sein, die unterschiedliche Gebäudeteile mit Notstrom versorgen. In diesem Fall sollte auch die Versorgungsdauer der verschiedenen Notstromdieselaggregate dokumentiert und den Gebäudeteilen zugeordnet werden.


Ein „Schwarztest“ benötigt für eine reibungslose Durchführung einen Zeit- und Ablaufplan. Dieser sollte Informationen über die vorbereitenden Maßnahmen, den Zeitpunkt der kontrollierten Abschaltung und alle relevanten Ansprechpartner, in den von der Abschaltung betroffenen Bereiche, enthalten. So ist es ratsam, Geräte ohne eine vorhandene USV-Anlage kontrolliert herunterzufahren, um keinen finanziellen Schaden zu verursachen. Dieser Zeit- und Ablaufplan sollte auch den gewerblichen Mietern zur Verfügung gestellt werden, damit diese sich ebenso vorbereiten können. Alle privaten Mieter sind durch einen Aushang oder auf postalischem Weg über die kontrollierte Abschaltung zu informieren.


Angesichts der vielen verschiedenen Geräte und Anlagen in einem Krankenhaus ist es ratsam, die Fremdfirmen für die Notstromdieselaggregate, die Aufzüge und die Lüftungstechnik für die Dauer des „Schwarztests“ anzufordern. Darüber hinaus ist es notwendig, dass Mitarbeitende der Werkstätten, der Medizintechnik und der IT für die Dauer der Abschaltung vor Ort sind. Es ist damit rechnen, dass es zu Störmeldungen kommt und Geräte bzw. Anlagen nicht korrekt hochfahren. In der Regel wird der TÜV während des „Schwarztests“ anwesend sein, wenn dieser die kontrollierte Abschaltung nicht sogar angeordnet hat.


Alle Mitarbeitenden, die von der Abschaltung betroffenen sein werden, sind über einen Aushang, einer Meldung im Intranet oder einer E-Mail über den „Schwarztest“ zu informieren. Auch sollte den Ansprechpartnern in den von der Abschaltung betroffenen Bereichen ein Vordruck ausgehändigt werden, auf dem Störungen oder Fehlfunktionen dokumentiert werden können. Hierbei bietet sich ein Vordruck zum Ankreuzen an, um beispielsweise eine fehlerhafte Notbeleuchtung, eine nicht funktionsfähige USV-Anlage, eine fehlende Telefonverbindung oder eine fehlende Trinkwasserversorgung zu dokumentieren.


Ein entscheidender Punkt ist die Vorbereitung der Patientinnen und Patienten. Es ist ratsam einen Flyer zu erstellen, der Informationen über den Zeitpunkt der Abschaltung enthält sowie mögliche Auswirkungen, wie beispielsweise das Ausfallen der Fernseher oder des Festnetztelefons erklärt. Es ist dafür zu sorgen, dass diese Flyer rechtszeitig den Patientinnen und Patienten am Morgen des „Schwarztests“ vorliegen ggf. durch Nutzung der Tablets für das Servieren des Frühstücks.

Beispiel: Ein Krankenhaus mit zwei Notstromdieselaggregaten, die jeweils unterschiedliche Bereiche versorgen.

2. Schritt - Durchführung

Die Durchführung des „Schwarztests“ wird von der operativen Einsatzleitung (opEL) überwacht. Dem Medizinischen Einsatzleiter (MedEL) obliegt die Leitung der kontrollierten Abschaltung. Er hält den Kontakt zu den betroffenen Bereichen, insbesondere zu den Intensivstationen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass keine Schaltung an den Notstromdieselaggregaten vorgenommen wird, solange der MedEL nicht die Freigabe dazu erteilt.


Je nach Größe des Krankenhauses werden für einen „Schwarztest“ bis zu 20 Ansprechpartner aus verschiedenen Bereichen benötigt, während weitere Personen über den Verlauf des „Schwarztests“ regelmäßig informiert werden müssen. Daher empfiehlt es sich, eine Chat-Gruppe, zum Beispiel über Microsoft Teams, einzurichten, um Informationen und Statusmeldungen auszutauschen. Auch können über diese Chat-Gruppe akute Störungen oder Fehlermeldungen kommuniziert werden.


Während des gesamten „Schwarztests“ muss ein Einsatztagebuch (ETB) geführt werden, um nachvollziehen zu können, welche Besonderheiten aufgetreten sind und wie darauf reagiert wurde. Im ETB werden alle eingehenden Meldungen oder Ereignisse mit Uhrzeit, Melder und detaillierten Informationen dokumentiert. Nach der erfolgreichen Zuschaltung durch den Stromversorger arbeiten die Technik-, Medizintechnik- und IT-Mitarbeitenden daran, verbleibende Störmeldungen, zum Beispiel von Medikamentenkühlschränken oder Lüftungsanlagen, zu beheben. Sobald alle Störungen und Fehlermeldungen behoben sind, erfolgt die Rückmeldung an den MedEL, damit dieser den „Schwarztest“ für beendet erklären kann. Das Einsatzende wird ebenfalls im ETB festgehalten. 

Beispiel: Eine Zentrale Notaufnahme mit verschiedenen Notstromverbrauchern, die teilweise eine USV-Anlage oder einen Akku besitzen.

Beispiel: Ein Operationssaal mit verschiedenen Notstromverbrauchern, die teilweise eine Unterbrechungszeit von 15 Sekunden oder 0,5 Sekunden aufweisen.

3. Schritt - Nachbereitung

Nach dem „Schwarztest“ übermitteln die betroffenen Bereiche den Verantwortlichen für die Krankenhausalarm- und Einsatzplanung die ausgefüllten Formulare. Die aus Sicht der jeweiligen Bereiche fehlende Notstromversorgung von einzelnen Geräten oder Anlagen werden gesammelt und durch die Krankenhausalarm- und Einsatzplanung geprüft. Angesichts der hohen Erwartungen der Mitarbeitenden muss die Krankenhausalarm- und Einsatzplanung über die Situation aufklären. Den Mitarbeitenden sollte klar gemacht werden, dass die Notstromversorgung nur die Notfall- und Intensivversorgung aufrechterhalten kann. Die Notstromdieselaggregate haben je nach Größe Leistungsgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Andernfalls könnte es zur Überlastung kommen, was die gesamte Notstromversorgung gefährden und somit die Sicherheit von Patientinnen, Patienten und Mitarbeitenden bedrohen würde.


Sobald der TÜV-Bericht und die Formulare aus den jeweiligen Bereichen vorliegen, sollte die Krankenhausalarm- und Einsatzplanung einen Auswertungsbericht erstellen. Dieser Bericht dokumentiert, welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden müssen, um mögliche Lücken in der Notstromversorgung zu schließen. Der Auswertungsbericht wird der Geschäftsführung vorgelegt, zusammen mit Bitte um Genehmigung der erforderlichen finanziellen Mittel.

 

Kernbotschaften

Jedes Krankenhaus muss sich bewusst sein, dass es definitionsgemäß eine Kritische Infrastruktur ist und eine entsprechende Durchhaltefähigkeit, auch nach Eintritt von Sonderlagen unabdingbar ist. Die Aufrechterhaltung der Versorgung von Notfall- und Intensivpatienten, auch nach einem Stromausfall, ist das anzustrebende Schutzziel.


Die Erstellung einer Übersicht hinsichtlich der vorhandenen Notstromversorgung und das Identifizieren von möglichen Lücken bilden die Grundlage für einen erfolgreichen „Schwarztest“. Eine gute interne und externe Kommunikation vor und während der kontrollierten Abschaltung ist entscheidend für einen reibungslosen Ablauf.


Die Dokumentation alle Ergebnisse und das Informieren der Geschäftsführung ist von entscheidender Bedeutung.

Quellen:

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Anforderungen an Notstromsysteme in Betriebsbereichen nach Störfallverordnung. LANUV-Arbeitsblatt 19. Recklinghausen 2012

Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.): Handbuch Krankenhausalarm- und Einsatzplanung. Empfehlungen für die Praxis zur Erstellung eines individuellen Krankenhausalarm- und -einsatzplans. Bonn 2020

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